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Hl. Geist - Kirche Pödeldorf

Sakralbau heute

Die Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz gab mit ihren "Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen" eine sehr wichtige Arbeitshilfe heraus. Diese Handreichung für alle an der Planung und Ausgestaltung liturgischer Räume Beteiligten, ist trotz ihrer Gründlichkeit erfreulich liberal formuliert, um die wünschenswerte Vielfalt heutiger Architektur- und Kunstausformungen nicht zu mindern.
Nach diesen Leitlinien soll der gottesdienstliche Raum dem Menschen eine doppelte Begegnung ermöglichen und erleichtern: Die Begegnung miteinander und die Begegnung mit Gott. So soll ein nach dem Verständnis heutiger Liturgie konzipierter Kirchenraum auf Kommunikation hin angelegt sein, die Menschen zu einer Gemeinschaft zusammenschließen und sie zugleich auf Gott hin ausrichten.
Die direkte Umsetzung dieser Gedanken in gebaute Realität, war für mich als Entwurfsverfasser eines meiner angestrebten Ziele und war die Basis für die Konzeptionierung eines Zentralraumes, in diesem Fall einer Rundkirche.

Entwurfsidee

Das Mysterium der Durchdringung von Geist und Materie war mein zentraler Entwurfsgedanke, quasi die harmonische Vereinigung zweier gegensätzlicher Prinzipien, auf welcher Betrachtungsebene auch immer. These und Antithese, Quadrat und Kreis, Pyramide und Zylinder, leicht und schwer, glänzend und stumpf...
In meinem Entwurf versinnbildlicht der zylindrische, mit Naturstein verkleidete Baukörper die Materie, die durchdringende Pyramide aus Stahl und Glas die Herrschaft des Geistes über die Materie.

Lichtführung

In der Konsequenz zum Entwurfsgedanken sollte ursprünglich die ganze Pyramide mit gläserner Oberfläche hergestellt werden. Aus Kostengründen mussten die anteiligen Glasflächen erheblich reduziert werden, so dass im Fertigzustand nun lediglich die vier Pyramidenecken sowie die Spitze transparent geblieben sind.
Für die Lichtwirkung im Raum ist dies keine Verschlechterung: die vier Glaskanzeln ermöglichen ein je nach Wetterlage differenziertes, manchmal sogar bewegtes Licht, das aber immer sekundär bleibt. Das Hauptlicht fällt durch die Pyramidenspitze und hellt die Altarzone auf. Diese Lichtsteigerung zu den liturgischen Orten hin, unterstreicht auf natürliche Weise deren herausragende Bedeutung und lenkt den Blick immer wieder zur Mitte.

Durch die vier durchsichtigen Glaskanzeln wird die Liturgiefeier zeichenhaft nach außen sichtbar und gleichzeitig die lebendige Natur mit in das Raumerlebnis einbezogen - dies waren auch die Gründe, von einer künstlerisch gestalteten oder aber auf andere Weise undurchsichtigen Verglasung abzusehen.
Bei Nacht können die Sterne herein scheinen, so dass auch das Bild vom Sternen-(Himmels-)zelt erlebbar wird.
Ich empfehle allen, denen die Vorstellung eines Pyramidendaches auf irgendeine Weise missfällt, sich ganz nach eigenem Empfinden etwas vorzustellen - warum nicht das Zelt Gottes?

Kosmische Ordnung / Kunst der Fuge...

Sowohl der Kirchbau selbst als auch die Außenanlagen und der geplante Glockenträger liegen genau auf einer sichtbaren Ost-West-Achse. Diese Erinnerung an eines der alten Prinzipien der Kirchenbaukunst soll die Mitte des Kirchenbaues und auch des Menschen selbst zwischen den beiden Polen Ost und West, Sonnenauf- und -untergang und somit auch Leben und Tod verdeutlichen und damit unser starkes Eingebunden sein in die kosmische, die göttliche Ordnung.

Die von mir angestrebten Entwurfskriterien waren Klarheit, Transparenz und (Maß) Ordnung. So liegt der Planung ein Hauptraster von 2,50 m x 2,50 m zugrunde, dass je nach Bedarf geteilt wurde (1,25 m, 62,5 cm, 50 cm, 31,25 cm, 25 cm ...). Bei kreisförmigen Bauteilen wurden auch radiale Fugen geplant, so beim Fugenraster der Altarinsel oder den hölzernen Bankpodesten. Bei Nichtbeachtung der von den Architekten akribisch ausgetüftelten Fugenraster und Achsbezüge, mussten manche Handwerker zähneknirschend Korrekturen an ihrem Werk ausführen, die sie im Nachhinein dann meist doch als richtig anerkannten...

Altarbild mit Tabernakel und ewigem Licht:

Der Tabernakel steht auf der Ost-West-Achse der Kirche in einer kleinen Konche, vor der kreisförmig gekrümmten Rückwand des Altarraumes. Das eigentliche Tabernakelgehäuse ruht auf einer Stele in der Mitte des Altarbildes, links davon das ewige Licht. Das Stahlgehäuse besteht aus zwei zylindrischen Schalen, die mit vergoldetem Stahlblech verkleidet sind. Alle übrigen, sichtbaren Metallteile sind feuerverzinkt. Die Innenflächen des Gehäuses sind mit dunkelblauem Samt ausgekleidet. Auf der Tabernakelstele wird ein in der Form einer Doppelpyramide geschliffener Kristall zwischen den vier Stahlwinkeln gehalten.

Tabernakel mit Kristall, ewiges Licht und Wandgemälde stehen nicht nur in gestalterisch-räumlichem Zusammenhang: Im Altarbild ist das Schöpfer-Geist-Prinzip dargestellt. Es zeigt, als Synonym für die von Geist durchdrungene Ordnung der Schöpfung, jene Sternkonstellation, die zur Stunde der Kircheneinweihung (01.07.90, 10.30 h) im quadratischen Ausschnitt der Pyramide am Tageshimmel stand. Mit äußerster Präzision kehrt die gleiche Sternkonstellation am Heiligen Abend (24. Dezember) zurück, um 22.30 h, während der Christmette. Dies "funktioniert", ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, so wie auch der Heilige Geist uns und die ganze Schöpfung durchdringt, meistens ohne das wir dieses erkennen…
Der Kristall repräsentiert den menschlichen Baustein und hat exakt die gleichen Proportionen wie ein Wasserstoffmolekül. Seine Anordnung im Zentrum des Bildes, des ganzen Firmamentes, zeigt das Eingebundensein des Menschen in die Schöpfung, ohne deren eigentlicher Mittelpunkt zu sein. Und doch: Der Mensch als die Krone der Schöpfung?
Kristall und ewiges Licht versinnbildlichen den vierten Tag der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 1,14 -1,19): ...Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne...“

Energie des Raumes:

Sensitive Menschen empfinden den Raum stark zentrierend und spüren eine starke Energie in der Mitte, im Altarbereich; eine Hinwendung zur liturgischen Handlung fällt deshalb leicht, aber auch eine Hinwendung zur eigenen Mitte. Rein "messtechnisch" kann der Raum als absolut störungsfrei bezeichnet werden (keine hochfrequenten Störungen durch Handys oder andere elektromagnetische Felder).
Die Menschen in Pödeldorf, für die diese Kirche gebaut wurde und auch die immer wieder kommenden Gäste, nehmen diesen Sakralbau sehr an.

Veröffentlichungen
Auszeichnungen